Das mittelständische Familienunternehmen Paul Leibinger GmbH in Tuttlingen ist neben anderen Geschäftszweigen Spezialist für zuverlässige Hochleistungs-Inkjetdrucker zur Produktkennzeichnung. Das Unternehmen ist stolz darauf, dass seine Druck- und Markiersysteme mit Ausnahme einiger weniger Komponenten am Standort Tuttlingen gefertigt werden. Diese gelebte „Made in Germany“-Philosophie bedingt eine besonders hohe Fertigungstiefe. Im Jahr 2018 stieß die bisher vorhandene Logistiklösung für die Versorgung der Produktion mit Stangenmaterial an ihre Grenzen. Beengte räumliche Verhältnisse erforderten eine extrem verdichtete Lagerlösung.
Da ein Neubau nicht in Frage kam, musste das neue Lagersystem an die vorhandenen Räumlichkeiten angepasst werden. Erbaut wurde es vor der Trennwand zwischen dem Lagerbereich und der Produktion. Da der Platz bereits vorher äußerst beengt war, hatte eine möglichst dichte Lagerung des bereitzuhaltenden Materials Priorität. Weitere Forderungen betrafen einen vollautomatischen Betrieb, eine möglichst einfache Bedienbarkeit, die Anbindung an das betriebliche ERP-System pro Alpha sowie die schnelle Verfügbarkeit des angeforderten Materials.
Hohe Anforderungen an die Lagerdichte
Lagergut sind Metallstangen mit Längen bis zu 3.200mm und Abmessungen von wenigen Millimetern bis zu mehr als 100mm. Sie werden liegend auf Tablaren mit den Außenmaßen 3.900x900mm gelagert, die auf Hallenflur mit einem Shuttle von der Warenannahme zum Lager und von dort später in die Produktionshalle verbracht werden. Entscheidend war, eine Lösung zu finden, die es gestattete, auf einer Grundfläche von lediglich 9.000x6.000mm und bei einer verfügbaren Bauhöhe von lediglich 7.000mm volle 160 Tablare mit einer Nutzlast von jeweils bis zu 1,5 Tonnen unterzubringen. Deshalb musste bei der Konzeption buchstäblich mit jedem Millimeter Grundfläche und Stapelhöhe gegeizt werden. Hierfür wurde auf eine ganze Reihe von Tricks zurückgegriffen.
Nur eine Lagergasse für vier Tablare pro Ebene
Der erste Trick bestand darin, nur eine einzige Lagergasse vorzusehen. Das dort verkehrende Hubsystem bedient nicht nur zwei hintereinander angeordnete Fachreihen, sondern schafft es auch, in jedem Fach zwei Tablare hintereinander unterzubringen. Das geht natürlich nur sequentiell, d.h. das Gerät platziert zunächst ein Tablar in der Außenposition und davor dann ein zweites Tablar.
Der zweite Trick besteht darin, die Tablare bei diesen Abläufen nicht etwa anzuheben. Stattdessen werden sie auf ihren Tragschienen mithilfe von Teleskopauslegern einfach verschoben. Damit spart man sich die 30–40 Millimeter zusätzlicher Fachhöhe, die bei Hubgeräten sonst für das Ausheben vorzusehen sind. Ermöglicht wird dies durch einen reibungsarmen Gleitbelag aus Kunststoff auf jeder Tragschiene. Die Teleskoparme des Hubgeräts können daher entsprechend schlank und damit platzsparend ausgelegt werden. Zum Verschieben fahren sie mit Zapfen von unten in entsprechende Aussparungen an den Stirnseiten des Tablars. Da das Tablar vor den Tragschienen gekröpft ausgelegt ist, kann das Teleskop in diesem Bereich ungehindert ein- und ausfahren. Befindet sich das Tablar in der vorderen Position, so wird es direkt auf das Hubgerät gezogen. Bei hinten gelagerten Tablaren erfolgt die Auslagerung dagegen in zwei Schritten: Bei der ersten wird das Tablar nur vom äußeren Zapfen erfasst und so in die vordere Position gezogen. Die Übernahme durch das Hubgerät erfolgt anschließend mit einem zweiten Arbeitsgang. Dies ermöglicht außergewöhnlich geringe vertikale Abstände der Tablare im Regal. Eine Absenkung der Lagerfundamente um ca. 800mm gestattete zudem die vollständige Nutzung des verfügbaren Raums bis herab zum Hallenflur.
Raffinierte Konstruktion der Tablare
Um das Be- und Entladen der Tablare zu erleichtern, sind diese zweiteilig ausgelegt. Das eigentliche Tablar besteht lediglich aus einem 160 mm hohen Rahmen, in den dann ein je nach Ladegut variabel unterteiltes Innengestell gesetzt wird. Dieses Innengestell weist zwei bis fünf durch vertikale Streben getrennte Fächer auf, in denen das jeweilige Lagergut gestapelt wird.
Wesentlicher Vorteil dieser Separierung von Rahmen und Innengestell ist, dass das Innengestell auf dem Shuttle durch eine gesonderte Hubvorrichtung exakt soweit angehoben werden kann, dass die gelagerte Ware sich genau auf der Höhe des Rahmens befindet. Die Werker brauchen die teils recht schweren Stangen daher einfach nur nach vorne zu ziehen, statt sie anheben zu müssen. Dies erleichtert das Be- oder Entladen erheblich. Als weitere Arbeitserleichterung kennzeichnen Leuchtdioden an der Stirnseite des Shuttles exakt das „richtige“ Fach für die Ware.
Einfaches Ein- und Ausbuchen des Materials
Ebenso einfach gestaltet sich für die beteiligten Mitarbeiter der Umgang mit dem System. Dies gilt für die Beladeseite in der Logistikhalle ebenso wie für die Fertigungshalle. Auf beiden Seiten befindet sich je ein Terminal. Dort muss nur das vorliegende Auftragsblatt eingescannt werden, dann sucht die Anlage das richtige Tablar heraus. Entnahmeseitig können die Werker ebenso einfach nicht benötigtes Restmaterial zurückbuchen. Ergänzt wird das Ganze durch eine im Hintergrund laufende Mengenverwaltung und eine Inventurfunktion. Das System ist seit drei Jahren im Einsatz und läuft reibungslos. Klaus Vollrath | b2dcomm.ch